Distelregulation durch Gareförderung – Impulse für eine Landwirtschaft aufgrund einer Weiterentwicklung der geisteswissenschaftlichen Ansätze Rudolf Steiners im „Landwirtschaftlichen Kurs“ - Dipl. ing. agr. Hartmut Heilmann

 

Hartmut Heilmann, Dipl. ing. agr.– (Überarbeiteter Vortrag, Österreich 09. Juni 2013)

 

Die Frage des Atmens betrifft alles Lebendige und Rudolf Steiner spricht am Ende des siebten Vortrages im Landwirtschaftlichen Kurs vom Geben und Nehmen in der Natur und weist auf den Atmungsprozess zwischen Tier und Pflanze hin. Betrachten wir Schädlings- und Unkrautfragen, eröffnet sich uns die Betrachtung: wie ist das Geben und Nehmen auf der Ebene des inneren Atmungsgleichgewichtes gestört, dass es auf einer anderen, einer äußeren, phänomenalen  Ebene erscheint?

Bei allen Fragen der Bodengare sind zu beachten:

  • die Eigentätigkeit des Bodens – dort haben wir einen Kosmos von Mikrobiologie - die meisten dieser Bodenorganismen sind nicht einmal bekannt oder beschrieben

  • die, im Jahreszeitlauf wechselnden Energie- und Stoffwechselwechselvorgänge mit unterschiedlichen Auswirkungen

  • die Verwandlung von etwas Vergangenem in Zukünftiges

  • Lebensprozesse, die zu allen denkbaren Entwicklungen fähig sind.

In der Praxis erscheint es wichtig, sich von Vorurteilen zu verabschieden.  

 

Bild: (1) Ein mit Disteln stark verunkrauteter Weizenbestand: es wäre ein Fehler, die Distel in diesem Feld als Unkraut anzusehen; der Weizen brachte einen guten Ertrag. Der Bauer – er war im Nebenerwerb und hatte kein Vieh mehr - hatte Kleegras gegen die Distel angebaut und während des Kleegrasjahres kam auch keine Distel.Merksatz: Kleegras hilft nicht gegen Distel!

Es ist notwendig, etwas über die Umstände zu sagen, die zu einem solchen Distelaufkommen geführt haben.  

R. Steiner schreibt in seinen Notizen zum Landwirtschaftlichen Kurs (S. 34 / 35): „Unkraut – man muss ihm die Lebensbedingungen entziehen.“

Der Grund für dieses vermehrte Distelaufkommen liegt darin, dass es auf einem viehlosen Nebenerwerbshof auftrat. Man sollte Kleegras nicht mulchen, sondern verfüttern oder kompostieren. Wenn man 2-3 Jahre Kleegras nur mulcht, sammelt der Boden so viel organische Substanz, dass er nicht weiß, wohin mit so viel Wuchskraft. Es liegt am Bewirtschafter, den Energiehaushalt des Bodens, die organischen Substanzen im Boden, zu ordnen.

Bild: (2) In einer biologisch-dynamischen Gärtnerei tauchte im Frühjahr ein großer Fleck Disteln auf, wo 30 Jahre lang vorher nie welche gewachsen waren. Der Grund: im Winter waren Baumaschinen am Feld gewesen, die den Boden an dieser Stelle verdichtet, physiologisch stark verändert hatten. Es entstanden Pfützen. In einem solchen Boden entwickelt sich die Distel sehr gut, und das ohne Licht und Sonne. Es ist kaum zu glauben, aber es gibt Pflanzen, die können ganz oder teilweise ohne Licht und Sonne leben. Also: sehr viele Pflanzen können - wie Tiere - vom Abbau leben. Und das kann auch die Distel und durchlebt im Dunkel des Bodens sozusagen eine bodenbürtige Embryologie. Dann durchlebt sie ein Stadium wie ein Tier und lebt nur von der Veratmung. Diese Beobachtung muss man angesichts der Ausführungen Rudolf Steiners am Ende des 7. Vortrages durchmeditieren.

 

 

Bild: (3) Wo Kleegras gelingt, wächst danach alles gut und sind Disteln, Quecke und Ampfer vorübergehende Erscheinungen. In unserem Fall, einem Mäuseschaden – kommt die Distel mit ihrem regelmäßigen Begleiter, dem Ampfer - gleich wieder, weil mit dem Klee die Wurzeln als Grundlage für die Umstimmung fehlen.

Durch die Wahl unserer Kulturpflanzen, der Fruchtfolge und der Bodenbearbeitung fördern wir die Umstimmung, die Verwandlung im Boden.

Es ist also nicht das Abschneiden oder Mähen der Distel, was sie vertreibt, sondern es ist die Umstimmung im Boden. Diese Umstimmung ist entscheidend für die Ertragsfrage wie für die Unkrautfrage. Wenn die Erträge nicht stimmen, soll man nicht einer Kulturbegleitpflanze die Schuld geben, sondern sich selber, dass man es nicht vermochte, die richtige Gare sicherzustellen.

Bild: (4) Ich habe viele Jahre Rhizome der Distel gesucht, wie hier in einem Garten unter einem abgerissenen Holzhaus, Wurzelorgane, die offensichtlich über viele Jahre geschlafen hatten. Es erschien notwendig, dies auch auf dem Arbeitsfeld eines Bauern zu zeigen. So suchte ich weiter und wurde auf dem Acker eines befreundeten Stoppelhobelbauern fündig.

Bild: (5) Da waren drei Jahre vorher einige Disteln gewesen, danach - ohne Disteln - Kleegras, Weizen und Roggen. Die Bodenbearbeitung mit dem Stoppelhobel nach dem Roggen hatte Frühjahrsstimmung im Boden bewirkt. Das wollen wir ja auch haben, damit Ausfallgetreide und Samenunkräuter keimen. Zusätzlich sind auch kleine Disteltriebe gekommen. Sie ziehen ihre Kraft aus den Rhizomen, die sie damit energetisch mindern, aber bevor sie Energie aus der Sonne genießen können, wird ein zweites mal gehobelt. Sicher beruhigt es den Bauern, wenn er Disteln wegschneiden oder anderweitig entfernen kann; entscheidend für ihr weiteres Auftreten aber ist die Umstimmung der Gare. Dieses Bild zeigt, dass es nicht die Samen sind, aus denen Disteltriebe so schnell kommen, sondern schlafende Rhizome. Und mit dem Stoppelhobel kann man die Strategie verfolgen: mithilfe der Garestrategie Rhizomdormanz sicherstellen, dann brauchst Du keine Disteln mehr zu bekämpfen.

Ich habe dieses Bild zu meinem Bildschirmschonerbild gemacht. Es hat eine Weile gebraucht, bis ich etwas Wichtiges merkte, nämlich, dass der Boden um das Distel-Rhizom herum schmiert und  nicht krümelt. Der ist auch etwas heller, also  mehrmals Hinschauen ist hilfreich. Wichtig für unser Bewusstsein ist: wir dürfen es nicht nur daraus bilden, was wir sehen, sondern auch daraus, was wir nicht sehen.  Das sind die Regenwürmer. Die fehlen auf Distelflächen erstaunlich oft. Ein normales Wurzelausbreitungsbild der Distel im Herbst sieht so aus, dass am Rhizom alle 5-6 cm eine Knospe ansetzt, von dem ein Keim nach oben wachsen kann. Das ist der Quellzeitraum der Distelausbreitung. Im nächsten Frühjahr wächst die Distel nicht, dann treibt sie.

Bild (6) Ich bringe Ihnen jetzt ein Bild des Kräftekreislaufs im landwirtschaftlichen Betrieb: der Naturkreislauf ist wie die berühmte Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Kennzeichen eines Kreislaufs ist: er hat keinen Anfang und kein Ende. Wenn wir im Frühjahr gutes Wachstum beobachten, so ist das Zeichen eines guten Kreislaufs. Ampfer, Quecken, Disteln sind Anzeichen von Störungen. Wenn wir reifes Futter haben, so unterstützt das die Gesundheit unserer Tiere und erhöht auch die Düngerwirkung des abgegebenen Mistes. Und diese Reifeentwicklung führen wir dann weiter in die Düngerpflege, in die Bodenbearbeitung und unterstützen damit die Gareabfolge. Und der Boden in seiner Gareabfolge vermittelt mit Hilfe von Symbionten Assimilate, also Stoffe und Kräfte und Aktivität chemischer Herkunft. Daraus entwickelt sich die Pflanze. Und sie wächst über sich hinaus, geht dann in den Blüten-Samen-Prozess, sodass man sagen kann, daraus entsteht das Generativum, der tierische Pol des Jahreszeitlaufes und daraus speist sich wiederum die Gare, die sich in Wurzeln verwandelt und den Kreislauf schließt. Wir haben einen Verwandlungspol im Boden, wo aus dem Todesprozess neues Vegetativum entsteht, und wir haben einen Verwandlungspunkt bei der Blüte, wo sich die universelle kosmischen Aufwärtsströmung in die terrestrische Abwärtsströmung verwandelt. Schließlich muss man in Betracht ziehen, dass auch Kräfte aus dem Boden kommen. Das bedeutet: wir haben einen Kräftekreislauf der Natur, der sich aus dem Boden und aus der Sonne selber ergänzen kann. Und es ist wichtig, dass der Mensch im Mittelpunkt des Betriebes steht und dies alles in Betracht zieht und, so gut er es versteht, handhabt. Erst damit ist das Bild fertig. Die Welt fragt immer nach dem aus Erkenntnis handelnden Menschen: Wo bist du?

Mit Fokus auf die Bodenbearbeitung kann man das Wirtschaftsjahr gut mit der Ernte des Getreides anfangen. Zu diesem Zeitpunkt sollte jede Bodenbearbeitung die Gare fördern und bis zur Krümelung unterstützen. Allerdings: Kein Gerät kann die Krümelung des Bodens machen.

Ich bin ein Förderer des Stoppelhobels, denn es ist im Sommer wichtig, dass man den Boden flach bearbeitet. Es gibt natürlich einige Standorte, wo die natürlichen Bedingungen anders sind; was ich hier feststelle, gilt für die meisten Ackerbaugebiete. Der Boden sollte im Sommer geschält und so geworfen werden, dass er schön in sich zerrüttet ist. Wir brauchen offene Poren im Boden, damit das Wasser und die Luft auch weiterhin gut im Boden zirkulieren können, damit die Gare nicht unterbrochen wird. Aus meiner beobachtenden Erfahrung heraus geht das mit dem Stoppelhobel besonders gut.

Bild: (7) Ich wollte unbedingt Heuschrecken, Spinnen oder Käfer auf dem bearbeiteten Boden fotografieren; aber die waren zu schnell. Sie sind Zeichen dafür, dass die Bodenbearbeitung mit dem Stoppelhobel schonend ist, die Regenwürmer sind noch in der Tiefe und größere Bodentiere können – wie man sieht – einfach weiterrennen. Da kam ich an einen Fleck, auf dem alles anders war. Da war eine Schnecke, die habe ich erst mal – nicht besonders gut - fotografiert. Es war ein seltsames Erlebnis, denn an dieser Stelle hat der Boden geschmiert. Da war ein Distelfleck, der da geschält worden war. Und dann bin ich kilometerweit über die Äcker gegangen und habe festgestellt: nur da wo Schnecken waren, waren auch Disteln und wo Disteln waren, fanden sich auch Schnecken. Ich erinnerte mich eines Freundes, ein Bodenbiologe, der behauptet, die große Nacktschnecke zeige Fäulnis im Boden an. Da stellt sich die Frage, wie ist dieses Geben und Nehmen im Boden, wenn diese Prozesse Anzeichen von Fäulnis geben? Ich habe – das kann ich hier aus zeitlichen Gründen nicht ausführlich zeigen - dokumentiert, dass es auf Stellen, wo Distel wachsen, Bodenverdichtungen und Veränderungen des pH-Wertes gibt. Unter Disteln ist im Frühjahr der pH-Wert im Boden tiefer und im Herbst höher. Bodenverdichtungen sind eine allgemein bekannte Tatsache und man behauptete früher immer, Disteln zeigen Bodenverdichtungen an. Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Beobachtung richtig und die Interpretation falsch ist. Zuhörerfrage: Warum war die Beobachtung richtig und die Interpretation falsch?

Antwort: Wo es Disteln gibt, haben wir fast immer Bodenverdichtungen. Daraus ziehen viele Wissenschaftler und Bauern den Schluss, sie müssten nun den Boden lockern. Dass es aber der Boden ist, der in seiner Eigentätigkeit mit dem Krümeln aufhört und es zu diesen Verschmierungen kommt, das können die Menschen nicht denken. Es ist immer wieder so, dass auf den Böden mit den größten Überlockerungen die schlimmsten „Verdichtungen“ auftreten. Sodass wir seit Jahren empfehlen: Der Boden darf nur so tief bearbeiten werden, wie der Boden nachher aus eigener Kraft selbst auch wieder zu krümeln imstande ist. Es ist also eine Frage einer fehllaufenden Autoregulation, wenn der Boden verdichtet und Disteln herauspresst. Aber das ist eine Lebensgemeinschaft im Boden und offensichtlich macht sich die Distel ihren Boden weitgehend auch selber. Das heißt, im Bereich der Distelwurzeln verliert der Boden seine Krümelung und fängt an zu schmieren. Wenn diese Böden im Frühjahr trocknen, erscheinen sie verdichtet, obwohl nichts und niemand diese Böden jemals verdichtet hat. Offensichtlich haben wir einen Abbau organischer Substanz und aus diesem Abbau ernährt sich die Distel. Deshalb braucht sie dann die Sonne gar nicht, aber diese Lebensgemeinschaft ist das, was so schwer zu erforschen ist. Offensichtlich gibt es da vier Ernährungsmuster. Darauf kann ich hier nicht eingehen. In einer Kooperation mit der Hochschule Hohenheim will ich diesen Fragen auf den Grund gehen.

Es kann auch Infektionen auf einem Acker geben, die den Boden in schlechte Krümelung überführen und wenn dieser Boden anfängt zu schmieren, können Kulturpflanzen nicht mehr gut wachsen. Das darf man dann aber nicht der dann leicht auftauchenden Distel anlasten!

 

Bild: (8) Beispiel Salbei. Da stirbt der Salbei ab, weil der Boden im Kreis zu schmieren anfängt; es entsteht ein Streifen, wo überhaupt nichts gut wächst und danach kommt dann die Distel und ich interpretiere das so, dass sie die organischen Substanzen nutzt, um daraus ihre Vitalität zu schöpfen. Das ist eine Erfahrung, die sehr wichtig ist, dass es meistens nicht die Distel ist, die ertragsmindernd wirkt, sondern der ihr vorausgehende oder mit ihr einhergehende Bodenzustand. Das ist so wie mit den Blattläusen: wenn Pflanzen schlecht wachsen und Blattläuse haben, so glauben die Gärtner und Bauern, dass es der Blattlausbefall ist, der dafür verantwortlich ist. Meistens ist es aber der schlechte Bodenzustand, durch den sich die Wurzeln und mit ihnen die Pflanzen schlechter entwickeln, sodass die Blattläuse kommen müssen.

Zuhörerfrage: Wie sehen Sie den zweiten Aspekt, dass der Blattlausbefall auf eine überschießende Vitalkraft zurück zu führen ist? Antwort: Nun, diese überschießende Vitalkraft, die muss einfach irgendwo hin. Und wenn die nicht in den Wurzelbereich gehen kann, schafft sich die Natur einen Ausweichprozess.

Ich möchte nochmals auf das Bild hinweisen: es geht um die Bodenstruktur: da wo der Salbei gut wächst, krümelt der Boden schön. Und wo Huflattich oder Distel wachsen, bricht der Boden in Kanten und Flächen und ist schmierig. Das gilt für sehr viele Kulturbegleitpflanzen, die zu Unkräutern werden, dass sie ihre Energie aus dem Boden schöpfen. Und deshalb ist es eine Notwendigkeit, eine gute Gare zu pflegen, damit sich die Kulturpflanzen kräftig entwickeln können. Da gibt es autoregulative Prozesse, die wir erahnen müssen, damit wir sie gut unterstützen. Am Ende der Fruchtfolge können wir ein sich schlecht entwickelndes Kleegras haben und in der Folge auch Disteln oder Ampfer. Vielleicht hat man einmal bei zu nassen Bodenverhältnissen Futter vom Feld holen müssen. Wenn man einen solchen Boden schält, sieht das zunächst ungeordnet aus. Wenn das gut angetrocknet ist, kann man eggen. Und dabei werden alle Pflanzen, Disteln, Ampfer, Klee in ihren Wurzeln enterdet. Die Pflanzen welken dann weiter und man kann den Boden für zwei Wochen seinen autoregulativen Prozessen überlassen. Wenn man einen solchen Ampfer ansieht, ist es fast bewegend, wenn man die vielen Regenwürmer in dessen Wurzelbereich sieht. Das Fruchtbarkeitsgeschehen steigert sich dort fast explosionsartig, allerdings nicht in der Ordnung, die wir gerne hätten. Wenn man mit dem Boden aber gut umgeht – und das kann man ja lernen - ist er so mit sich im Gleichgewicht, dass man sehr wenige Kulturbegleitpflanzen hat. Jedenfalls braucht dann keine von ihnen mehr zum Problem zu werden.

Bild: (9)Sommergetreide aus Hafer und Gerste auf einem Stoppelhobelbetrieb: da hat es keinerlei Maßnahmen zur Kulturbegleitpflanzenregulierung gegeben. Und man sieht hier an der Fahrgasse, dass da keine Begleitpflanzen zum Problem werden. Der Bauer hat weder geegt noch gestriegelt und verfolgt seit Jahren die Strategie „Landwirtschaft aus Drillen und Dreschen“. Die Fahrgasse dient dazu, zum Ausbringen der Jauche einen Anhaltspunkt zu haben. Man kann also feststellen, dieser Boden ist in seinem Kräftegleichgewicht und strebt einem normalen Ertrag zu. Diesen Zustand kann man über große Strecken der Fruchtfolge aufrechterhalten, wenn man die Prinzipien versteht und den Boden richtig bearbeitet.

Bild: (10)Sie sehen hier eine Gerste im sechsten Jahr der Fruchtfolge, unter die wurde wieder Klee gesät, aber in diesem System braucht man den Klee nicht gegen das Unkraut, sondern für die Fruchtbarkeit des Bodens. Und im sechsten Jahr Getreide hat man an dieser Seite des Ackers eine Handvoll Disteln und am anderen Ende auch.

Bei allen Beobachtungen und den folgernden Aussagen über die Welt sollten wir immer beachten, dass alle Begründungen von uns selbst kommen.

Bild: (11) Dieser Acker hat sehr viele Begleitpflanzen und am Rande auch viele Disteln, da war die Keimfähigkeit des Kulturpflanzensaatgutes zu gering und man hat mit Eggen und Abschleppen nichts ändern können, obwohl sich die Bestockung etwas verbessert hat. Die Kulturpflanzen müssen das, was der Boden an Kräften liefert, auch aufnehmen und wenn ich als Pflanzenbauer meinen Kulturpflanzenanbau nicht richtig vollziehe, dann kommen die Begleitpflanzen. Das ist eine biologische Notwendigkeit.

Bild: (12) Hier hat ein Starkregen Humus in einer Senke zusammen geschwemmt und da ist der Dinkel genauso gut gewachsen und die Disteln sind zusätzlich gekommen. Also in dem Fall ist die Distel kein Unkraut. Sie hilft lediglich Kräfte des Bodens zu binden, für die es sonst keine Verwendung gibt. An dieser Stelle gab es keine Bodenverdichtung, keine pH-Wert-Veränderung, aber es gab Schnecken. Das geschieht, wenn man den Boden sehr flach bearbeitet und den Boden damit zur Eigentätigkeit anregt. Das Gerät, das dies am besten in Gang bringt ist der Stoppelhobel, ist gebaut wie ein Pflug hat aber die 160 Jahre Fehlentwicklung beim Pflug rückgängig gemacht. Der heutige Pflug ist eine Fehlentwicklung, weil er den Boden zu tief bearbeitet und ihn zu stark verdichtet. Man muss den Boden immer so bearbeiten, dass er ausweichen kann. Dann erhält er auch seine Kapillarität und kann weiter in sich atmen.

Bilder: (13, 14) Sie sehen hier eine 3- und eine 5-Schar-Ausführung; der 5-scharige hat zwei Stützräder, eines vorne und eines hinten und bearbeitet 2 m. Die Beetversion wird bis 10 Schare gebaut, die Drehversion

Bild: (15) bis 7 Schare. Es ist sehr wichtig, dass ein Bodenbearbeitungsgerät am noch nicht bearbeiteten Boden abgestützt wird, denn wenn ein Boden bearbeitet wird, ist er gegen jede Art Druck sehr empfindlich. Aus diesem Grund sind die herkömmlichen Grubber problematisch, weil sie hinten am bereits bearbeiteten Boden abgestützt werden; die Wirkung sieht man im folgenden Frühjahr an einer höheren Verunkrautung. Der Stoppelhobel wird mit dem Unterlenker gezogen und der Oberlenker läuft im Langloch, damit das Gerät vom Traktor entkoppelt ist. Er läuft damit ruhig über den Acker wie ein Anhänger und arbeitet ganz flach, also einer Tiefe von max. 8 cm, nur in Ausnahmefällen geht man auf 15 cm. Ganz wesentlich sind dieses flache Schälen und das gezielte Nacheggen. Zweiteres erfolgt je nach Bodenfeuchtigkeit und das kann nach zwei Stunden oder auch nach zwei Tagen sein. Das Ziel ist neben der Gareentwicklung auch die Enterdung der Kultur- und Begleitpflanzenwurzeln. Nach rund 14 Tagen ist die Abbauphase zu Ende und die Aufbauphase hat begonnen, in der man die Zwischen- oder Nachfrucht sät. Man kann auch 3-4 Wochen dazwischen warten, das wesentliche ist immer, dass der Boden in seiner Krümelung unterstützt wird. Das Stoppelhobel-Schar ist sehr breit, deshalb hat es ein Mittelmesser, das den Boden gut zerrüttet und „schüttet“.

Zwischenfrage: Hr. Sorms ist der Meinung, der Boden müsste langsam bewegt werden, Sie sprachen von einer Stoppelhobel-Fahrgeschwindigkeit von 8 – 14 km/h. Wie erklärt sich der Unterschied?

Antwort: Bauern und Böden sind sehr unterschiedlich. Ein befreundeter Bauer, der auf Granitverwitterungsböden arbeitet, fährt mit 5 km/h – perfekt. Ich kenne auch Bauern auf Pelosolen (Pelosol oder Tonboden von griech.: pelos = Ton und lat.: solum = Boden, ist ein sehr tonreicher Bodentyp, Anm. d. Red.), die fahren mit dem Stoppelhobel eine Geschwindigkeit von 14 km/h – auch perfekt. Die Schwierigkeit ist zu verstehen, dass die Welt uneindeutig ist, gerade in der Landwirtschaft und damit der Bodenbearbeitung gibt es nie eindeutige Angaben, die allgemeingültigen Charakter haben. Wichtig ist, den Zusammenhang, die Prinzipien, die Grundsätze, die Regeln, die beteiligten Prozesse zu verstehen.

Es ist für viele Bauern gewöhnungsbedürftig, dass man mit einer flachen Bodenbearbeitung eine tiefe Wirkung erzielt. Eine besondere Erfahrung erlebte ich auf einem Problembetrieb mit ganz harten Böden, seine Getreidepflanzen waren gelb, Disteln, Ampfer, Quecke hingegen dunkelgrün und mastig. Eines Frühjahrs waren seine Getreidebestände dunkelgrün und es fühlte sich gut an, über den elastischen Boden zu gehen. Die Unkräuter mussten sich strecken, um die Sonne zu sehen. Der Betriebsführer hatte weder an der Fruchtfolge noch an der Düngung etwas verändert, er hatte lediglich den Stoppelhobel eingeführt. Ich habe dort gegraben und festgestellt, dass der Boden auf 25 – 30 cm krümelte, obwohl er nur 8 – 9 cm flach bearbeitet worden war. So etwas soll man mal mit einem anderen Gerät schaffen! Die meisten Bauern Deutschlands pflügen 20, 30 cm tief und im Frühjahr krümelt der Boden nur auf rund 12 cm! Das ist nicht nur eine riesige Energieverschwendung (bei Stoppelhobeleinsatz wird der Energieaufwand je Flächeneinheit gegenüber herkömmlicher Bodenbearbeitung mehr als halbiert), sondern das wirklich Tragische daran ist, dass die Eigentätigkeit des Bodens nicht ausgenutzt wird.

Das allererste Ziel ist,  eine Landwirtschaft mittels Stoppelhobel-Bodenbearbeitung so zu betreiben, dass man dadurch

  • einen konsequenten Gareaufbau fördert,

  • gute Bedingungen für das Auflaufen von Begleitkräutern und Ausfallgetreide mit der Nachbearbeitung schafft,

  • den Wurzelunkräutern durch das Herstellen eines Bodengleichgewichtes die Grundlagen entzieht,

  • die Regenwürmer veranlasst, in tieferen Bodenschichten zu bleiben und sie damit schützt,

  • mittels gezielter Boden-Nachbearbeitung den Durchwuchs von Klee und Luzerne vermeidet und

  • eine hohe Flächenleistung bei geringem Energieeinsatz erreicht.

Es gibt kein weiteres Gerät, mit dem man ganzflächig so flach arbeiten kann und der Boden immer die Möglichkeit hat, auszuweichen.

Ganz wichtig: Bei jeder Bodenbearbeitung muss der Boden ausweichen können und so geworfen werden, dass er in sich locker wird.

Bild: (16) Sie sehen hier eine Jugendsünde von mir, da habe ich ein Schema über Bodenschichten von Walter Feuerlein, dem Vorsitzenden des Weltwettpflügerverbandes weiterentwickelt und war damals, vor 25 Jahren der festen Überzeugung, man sollte einen Boden tief bearbeiten. Aber die meisten Böden sind in der Lage, autoregulativ selber bis in die Tiefe zu krümeln. Der moderne Pflug ist in dem Sinne eine Fehlentwicklung, als er zu tief greift und den Boden immer irgendwo drückt, quetscht und knetet. Ich zeige dieses Schema trotzdem, weil ich das Konzept der Garegrenze vertrete: wenn man bei normalen Ackerböden mit einem Gerät unter diese Garegrenze greift, werden notgedrungen immer auch bearbeitete Bodenzonen gedrückt, geknetet und geschmiert. Und wenn man frischere organische Substanz unter diese Garegrenze einarbeitet, bewirkt man sicher „Verdauungsstörungen“ im Boden, die auch Distel, Ampfer und Quecke hervorrufen.

Bild: (17) Der Stoppelhobel ist auch auf sehr schweren Böden einsetzbar, die hier zu sehende Streichblechverlängerung braucht man nur dann, wenn man den Hobel als Saatpflug verwendet oder langsam fahren will oder muss; dann wendet der Boden sicherer und schüttet besser.

So haben wir also vier Säulen einer Landwirtschaft ohne direkte Distelbekämpfung:

  • Wir bearbeiten den Boden nicht, damit er bearbeitet ist, sondern indem wir die Gare als Ziel ins Auge fassen und die Bodenbearbeitung der Bodenumstimmung dient

  • Indem wir organische Substanz nicht tief einarbeiten – also nicht unter die Garegrenze von rund 8 bis 14 cm

  • Indem wir die Distel nicht während ihrer Wachstumsphase bekämpfen – es entsteht sonst der gleiche Effekt wie bei häufigem Rasenmähen: das lässt den Rasen dichter werden

  • Man muss erkennen, dass der Boden in einem stetigen Wandel begriffen ist. Das bedeutet, dass man die Lebensprozesse in Fluss hält, die Krümelung nach der Getreideernte weiterführt. Wenn wir im Frühjahr ein starkes Auftreten von Disteln bemerken, so liegt die Ursache dafür im Spätsommer und im Herbst des vergangenen Jahres.

Es gibt sehr viele Arbeiten und Untersuchungen darüber, wie man mit Viehbesatz, Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Düngerpflege usf. die Distel bekämpfen kann. Dabei sieht man immer auf das Auftreten der Distel. All diese Bemühungen haben nur dann Erfolg, wenn die einzelnen Maßnahmen  die Gare im Boden verbessert, denn nur dann reduziert sich der Distelbesatz. Es gibt viele Ziele im Leben, die man nicht auf direktem Weg erreichen kann, sondern deren Entwicklungsbedingungen wir im Bewusstsein haben müssen. Dabei ist mit Begriffen so zu arbeiten, dass wir uns bewusstseinsmäßig nicht an Einzelpunkten festhalten.

Für die Praxis bedeutet das, wir dürfen nie ergebnisbezogen arbeiten, wir müssen immer zielbezogen arbeiten. Unser Ziel ist es, die Offenporigkeit des Bodens zu pflegen. Dann ist der Boden imstande, das zu tun, was er tun kann und nur er kann. Und wir als Bewirtschafter müssen das tun, was wiederum nur wir imstande sind zu tun.

Die neuen Aspekte in der Agrartheorie sind folgende: Wir haben auch für die Pflanzen nichtautotrophe Wachstumsfaktoren in Betracht zu ziehen. Viele Pflanzen nehmen Energie nicht nur von der Sonne auf. Auf biodynamischer Grundlage können wir eine Systemordnung formulieren, die Einzelprobleme überwinden hilft. Durch eine solche Systemordnung erreichen wir eine nichtsymptomorientierte Begleitpflanzenregulierung - wir brauchen eine Systemordnung des Kräftekreislaufes. Neue Aspekte im biodynamischen Landbau sind, dass nicht nur die Pflanze gibt, sondern auch das Tier. Der zweite Vortrag des Landwirtschaftlichen Kurses ist kein Organismusvortrag, sondern ein Frühjahrsvortrag. Im Herbst dreht sich die Polarität um, physiologisch gesehen ist in jeder Pflanze auch Tierisches und es gibt Pflanzen, die manchmal monatelang nur von Abbau, also ohne Sonnenlicht leben. In jedem Tier ist auch Pflanze, in unserer Leber z. B. sind 300 Pflanzenprozesse beschrieben. Physiologisch gesehen ist unsere Leber eine vollständige Pflanze; sie ist in etwa so viel Pflanze wie der Löwenzahn zur Mitternacht – da scheint auch keine Sonne. Das Bemühen des Bewirtschafters muss auf den Ausgleich gerichtet sein. Das Gleichgewicht zwischen Tier und Pflanze betrifft den ganzen Betrieb,  ein ganzes Beet, den ganzen Acker. Es ist ein inneres, physiologisches, prozessuales Gleichgewicht, das können wir an Äußerlichkeiten erkennen und mit unseren Methoden auch weiterführen und pflegen. Die besonders zukunftsweisenden Aspekte sind, dass es eben nicht um Unkraut geht, sondern um das Gleichgewicht von Einatmen und Ausatmen und dass wir eben den Standort als Ganzes ins Auge fassen und verstehen müssen. Dann haben wir keine unnötige Bekämpfung mehr, keinen unnötigen Kleegrasanbau mehr und keine unnötig tiefe Bodenbearbeitung mehr. Denn Systemordnung ist wichtiger als vordergründige Problemfreiheit. Die Natur trägt den Menschen in seiner Aufgabe. Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise gibt es bald 90 Jahre. Da sollten wir sicherstellen, dass sie weiter in Entwicklung bleibt. Hierzu ist dies ein Beitrag.

Bild: (18) Wir treffen hier auf den Menschheitsrepräsentanten Triptolemos, den „Dreimalpflüger“. In der griechischen Mythologie ist er der Verbreiter des Ackerbaues und der Kultur allgemein. Er sitzt auf dem Schlangenwagen; denn das Leben als ewige Schlange trägt uns ja. Für seine Aufgabe fasst er das Getreide in der einen Hand, in der anderen hat er eine Schale und die Göttin Demeter – als Vertreterin der geistigen Welt – schenkt ihm einen Stärkungstrunk ein. Persephone, ihre Tochter, die für die Natur steht, hebt zum Zeichen ihrer Unschuld ihre Hand an den Schleier. Denn es ist nicht mehr die Zeit der Götter, die etwas in der Welt zu bewirken haben und Kinder bekommen, sondern es ist der Mensch, der die Fruchtbarkeit in der Welt zu verwalten hat. Die ganze Szene wird erleuchtet von Iakchos, dem Zukunftsmenschen, dem Werdemenschen, denn alles was wir tun, machen wir ja, damit das Leben auf der Erde weitergeht. Diese Bildhaftigkeit, dass uns die Schlange trägt, dass wir eine Aufgabe an ihr haben, taucht auch in der christlichen Welt auf, nur anders geartet. Natürlich müssen wir die richtigen Bilder entwickeln, damit wir die Welt verstehen und gezielt pflegen können.  Insbesondere müssen wir in diesen Bildern selber auftauchen.

Bild: (19) Hier ist die Begleitung des Menschen durch die Schlange unter anderem Blickwinkel dargestellt. Lukas Cranach der Ältere, ein Freund Martin Luthers, malte dieses Altarbild unter dem Thema „Gesetz und Gnade“. Die Schlange begleitet den Menschen aus dem Paradies heraus. Gott verflucht ja den Acker um des Menschen Willen und sagt: „Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest...“ Das ist für die Erdenaufgabe keine sehr lichtvolle Formulierung und der Mensch hat Angst vor Tod und Teufel und die Pharisäer und Schriftgelehrten können ihm nicht helfen. Die Heilsgeschichte fängt für den Menschen damit an, dass Gott nach ihm fragt: „Wo bist du?“ In der biblischen Geschichte des Auszuges aus Ägypten erkranken viele Menschen und Moses fertigt - von Gott geheißen - eine eherne Schlange. Wer diese Schlange ansieht, ist gerettet. Dieses Bild taucht mit Christus wiederum auf: wer ihn ansieht, ist gerettet. Denn mit Christus können wir Tod und Teufel überwinden und diese Überwindung heißt nicht, dass man da etwas tötet, sondern, dass uns nichts in der Welt überwinden soll. Die meisten Menschen lassen sich von ihrer Angst – nicht nur vor der Distel - überwinden und erfassen nicht ihre Aufgabe: die Erde zu verwandeln. Dazu müssen wir wissen, dass die ganze Welt die Grundlage für unsere Existenz ist. Und wenn irgendetwas in der Welt uns an unserer Aufgabe hindern möchte, müssen wir es wie Tod und Teufel überwinden und dazu können auch falschlautende Vorstellungen oder Theorien gehören. Sie beinhalten Kräfte, die uns daran hindern können, zugleich Kinder des Geistes und Kinder der Schöpfung zu sein und der Wirklichkeit in ihren umfassenden Eigenschaften sowie ihren vorübergehenden Erscheinungen überhaupt begegnen zu können. Es ist notwendig, dass wir Geschöpfe innerhalb der geistigen Welt und Geschöpfe innerhalb der natürlichen Welt sind und uns darin lebendig wohlfühlen und weiterentwickeln können. Dazu wünsche ich uns allen alles Gute und viel Erfolg!

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